Zahnfleischentzündungen, Schwarze Haarzunge, Aphthen & Co. – Erkrankungen im Mund

Karies kennt jeder, Zahnfleischentzündungen auch. Aber schon einmal etwas von der Schwarzen Haarzunge gehört? Das klingt schlimmer als die gelegentliche Verwandlung in einen Werwolf, ist aber im Vergleich zu Karies und Zahnfleischentzündungen harmlos.

 

Weniger schlimm als Karies, Zahnfleischentzündungen oder die Verwandlung in einen Werwolf: die Schwarze Haarzunge (medizinisch: Lingua villosa nigra).

Weniger schlimm als Karies, Zahnfleischentzündungen oder die Verwandlung in einen Werwolf: die Schwarze Haarzunge (medizinisch: Lingua villosa nigra).

Was unterm Strich wichtig ist: Im Mund können sehr unterschiedliche Erkrankungen auftreten: gravierende und harmlose, vorübergehende und chronische, gut oder schwer therapierbare. Im Vorteil ist, wer darüber Bescheid weiß und unterscheiden kann: Was überstehe ich unbeschadet allein? Wann muss ich zum Zahnarzt? Was kann ich selbst für meine Mundgesundheit tun?

1. Karies

Karies und Zahnfleischentzündungen sind die häufigsten Mundkrankheiten und die wesentlichen Gründe für einen Zahnarztbesuch. Mit dem Begriff Karies bezeichnet man oft ein Loch im Zahn oder, in der medizinischen Fachsprache, eine kariöse Kavität. Sie stellt das Symptom einer Munderkrankung dar, die ebenfalls Karies heißt. Aber was genau ist Karies?

Man versteht unter dem Krankheitsbild Karies ein chronisches Ungleichgewicht zwischen demineralisierenden und remineralisierenden Faktoren. Denn wenn ein Zahn, zum Beispiel durch Säureeinwirkung, Mineralien verloren hat, müssen sie ihm zur Stabilisierung wieder zugesetzt werden. Dazu wird der Speichel als „Reparaturtrupp“ aktiv und führt dem Zahn namentlich Kalziumphosphate zu.

Zahndemineralisierung: Hier hat sie bereits zu sichtbaren Anzeichen für Karies in den Fissuren des Zahnschmelzes geführt.

Zahndemineralisierung: Hier hat sie bereits zu sichtbaren Anzeichen für Karies in den Fissuren des Zahnschmelzes geführt.

Aus dem Ruder läuft dieses Gleichgewicht aus Demineralisierung und Remineralisierung, wenn krankheitsauslösende Bakterien in den Belägen (Plaque, Biofilm) auf den Zähnen und teilweise auch auf den Weichgeweben des Mundes große Mengen Säure produzieren. Diese demineralisiert dann zunächst den Zahnschmelz und – nachdem das Loch sich schon in die Tiefe ausgedehnt hat – das Zahnbein (Dentin).

Die Strategie der Wahl gegen Karies besteht in einem gezielten Biofilmmanagement. Dieses besteht aus der häuslichen Mundhygiene mit Zahnbürste, Zahnpasta, Zahnseide, Interdentalbürsten, Mundspülung und Zungenschaber zur Entfernung des Zungenbelags sowie aus professionellen Maßnahmen in der Zahnarztpraxis, wie etwa einer regelmäßigen professionellen Zahnreinigung (PZR). Ziel ist die Reduktion der Plaque und die Zerstörung von Kommunikationsstrukturen zwischen den Mikroorganismen im Biofilm.

2. Zahnfleischentzündungen

Wie die Karies werden auch Zahnfleischentzündungen durch ein Ungleichgewicht im Biofilm ausgelöst. Er gerät aus seiner ökologischen Balance.

Fachkundige Erläuterung: Zahnfleischentzündungen zeigen sich in Rötungen und Blutungen, aber selten sofort in Schmerzen.

Fachkundige Erläuterung: Zahnfleischentzündungen zeigen sich in Rötungen und Blutungen, aber selten sofort in Schmerzen.

Während bei der Karies hauptsächlich der Streptococcus mutans am Werke ist, übernehmen das bei Zahnfleischentzündungen meist andere Bakterien, als bekanntester „Leitkeim“ Aggregatibacter actinomycetemcomitans. Die Diagnose „Gingivitis“ bedeutet eine leichte Form von Zahnfleischentzündungen. Sie lässt sich durch ein konsequentes Biofilmmanagement wieder vollständig ausheilen.

Unangenehmer ist die „Parodontitis“. Bei dieser Diagnose sind die Zahnfleischentzündungen schon so weit fortgeschritten, dass der Zahnhalteapparat betroffen ist. Es kann zur Zahnlockerung und schlimmstenfalls zu Zahnausfall kommen. Um dem vorzubeugen und die Erkrankung auf der erreichten Stufe zumindest zu stoppen, ist ein konsequentes Biofilmmanagement nötig. Dazu gehören gegebenenfalls engmaschige Nachuntersuchungen in der Zahnarztpraxis mit Reinigung unterhalb des Zahnfleischsaums und bis tief in die betroffenen Zahnfleischtaschen.

3. Aphthen

Aphthen treten als einzelne Mundschleimhautdefekte oder sporadisch auch als schmerzhafte, grauweiße, rotgeränderte Erosionen auf der Mundschleimhaut auf. Sie werden oft falsch geschrieben (Apthen) und so richtig verstanden hat man diese Erkrankung noch nicht. So viel weiß man jedoch: Bei Aphthen handelt es sich um eine Erkrankung, die nicht ansteckend ist.

Aphthen lassen sich mit schmerzlindernden und adstringierenden Mitteln in Form von Gelen oder Tinkturen behandeln.

Aphthen lassen sich mit schmerzlindernden und adstringierenden Mitteln in Form von Gelen oder Tinkturen behandeln.

Je nach Stärke der Schmerzen lässt sich mit örtlichen Betäubungsmitteln entgegenwirken (z.B. in Gel-Form). Des Weiteren empfiehlt sich ein Verzicht auf scharfe oder reizende Speisen. Auch Nahrungs- und Genussmittel mit Allergie- und Unverträglichkeitspotenzial sollten gemieden werden (z.B. Nüsse, Tomaten, Zitrusfrüchte).

Gegen Krankheitserreger innerhalb des Schleimhautdefekts wirken keimtötende Mittel, wie etwa chlorhexidinhaltige Gele. Sie werden zwei- bis dreimal täglich auf die betreffende Stelle aufgetragen. Bei gelegentlich auftretenden Aphten können adstringierende Tinkturen und Gele verwendet werden (z.B. mit Myrrhe, Nelke oder Rhabarberwurzel). Das Gewebe zieht sich zusammen und dichtet sich ab. Potenzielle Entzündungserreger bleiben außen vor.

4. Mundsoor

Mundsoor ist eine Pilzinfektion. Sie wird hervorgerufen durch den Hefepilz Candida albicans. Daher wird die Erkrankung in der Fachsprache auch als Candidiasis bezeichnet.

Mundsoor manifestiert sich in leicht abwischbaren Belägen und lässt sich mit Anti-Pilz-Mitteln bekämpfen.

Mundsoor manifestiert sich in leicht abwischbaren Belägen und lässt sich mit Anti-Pilz-Mitteln bekämpfen.

Mundsoor manifestiert sich in weißen Belägen auf der Zunge, Wangen oder Gaumen; sie lassen sich leicht abwischen oder mit einem Spatel abstreifen. Darüber hinaus können die Zunge oder der Gaumen gerötet sein (sogenannte erythematöse Form des Mundsoors).

Die Erkrankung wird mit Anti-Pilz-Mitteln (Antimykotika) behandelt. Das kann örtlich mit Lutschtabletten, mit einem Mundgel oder durch Zuführung von Lösungen oder Suspensionen mit einer Pipette erfolgen. Sollte der Verdacht oder gar die Sicherheit bestehen, dass der Pilz auf andere Bereiche des Körpers übergegriffen hat, werden die Antimykotika in Form von systemisch wirkenden Medikamenten eingenommen.

 

Im Labor lässt sich das Herpes-simplex-Virus (HSV) durch einen Test eindeutig nachweisen.

Im Labor lässt sich das Herpes-simplex-Virus (HSV) durch einen Test eindeutig nachweisen.

5. Herpes

Herpes befällt meist die Lippen und wird dann auch als Herpes labialis (Lippenherpes) bezeichnet. Es handelt sich um eine Viruserkrankung, die nicht heilbar ist. Ist das Herpes-simplex-Virus erst im Körper, bleibt es ein Leben lang und führt meist zu immer demselben schubartigen Verlauf: Juckreiz an der Lippe, Schmerz, zuweilen Müdigkeit und Unwohlsein, Bildung von Bläschen, die sich dann öffnen und Krusten bilden. Diese fallen schließlich ab – Ende des Herpes-Ausbruchs.

Das Herpes-simplex-Virus kann auf unterschiedlichen Wegen in den Körper gelangen. Schon im Kindesalter erfolgt die Übertragung über Schmierinfektionen, d.h. durch körperlichen Kontakt zu befallenen Personen (z.B. Familienangehörigen) oder zu verseuchten Gegenständen (z.B. Löffel, Türklinke, Computertastatur). Später ist auch eine Infektion durch Geschlechtsverkehr möglich.

Herpes-Ausbrüche werden durch ein geschwächtes Immunsystem begünstigt. Entsprechend kann man zum Beispiel durch eine ausgewogene Ernährung und Sport gegensteuern. Virushemmende Medikamente können die Dauer der Erkrankung verkürzen.

Prophylaktisch sollten betroffene Personen während eines Herpes-Ausbruchs den Körperkontakt zu anderen einschränken bzw. vermeiden. Auch das Essen vom selben Löffel und das Trinken aus derselben Flasche sind tabu.

6. Mundkrebs

Geht ein Schleimhautdefekt über längere Zeit nicht weg, kann auch eine Krebserkrankung vorliegen. Zum Beispiel kann sie sich hinter einer vermeintlichen Aphthe verstecken. Darum ist im Verdachtsfalle ein Arzt aufzusuchen.

Üblicherweise wird dann eine Gewebeprobe zur Untersuchung an ein spezialisiertes Labor geschickt (Biopsie). Liegt eine Krebserkrankung vor, wird der Arzt die üblichen Maßnahmen einleiten, zum Beispiel eine chirurgische Entfernung des erkrankten Gewebes und/oder eine Strahlentherapie.

In Zweifelsfällen ist die Differentialdiagnose entscheidend: Handelt es sich um Mundkrebs oder beispielsweise (wie hier) um eine Schleimzyste?

In Zweifelsfällen ist die Differentialdiagnose entscheidend: Handelt es sich um Mundkrebs oder beispielsweise (wie hier) um eine Schleimzyste?

Raucher haben ein höheres Krebsrisiko. Zum Beispiel tritt bei Pfeifenrauchern vermehrt Zungenkrebs auf. Daher lautet die Prophylaxe-Maßnahme Nr. 1 hier: das Rauchen aufgeben!

7. Die Farben der Zunge

Eine besonders auffällige Zungenkrankheit stellt die Schwarze Haarzunge dar (medizinisch: Lingua villosa nigra). Dabei ist die Zunge im mittleren und hinteren Teil schwarz verfärbt, was oft wie ein Pelz wirkt. Die Ursachen liegen zwar weithin im Dunkeln, doch scheinen Rauchen, Kortison und Antibiotika Risikofaktoren darzustellen. Auch tritt die Schwarze Haarzunge bei Männern häufiger auf als bei Frauen.

Die Anmutung von Haaren rührt von verlängerten Fadenpapillen her (medizinisch: Papillae filiformes). Diese Papillen sind – wie der Name andeutet – fadenförmig und oben gezipfelt, und sie verteilen sich über den ganzen Zungenrücken. Sie bilden die sensorische Grundlage für den feinen Tastsinn der Zunge.

Ästhetisch störend, aber fast immer harmlos: eine schwarze Zunge „verschwindet“ meist von selbst wieder.

Ästhetisch störend, aber fast immer harmlos: eine schwarze Zunge „verschwindet“ meist von selbst wieder.

Die Schwarze Haarzunge hört sich schlimmer an, als sie ist. Oft verschwindet sie einfach von selbst wieder. Treten allerdings Symptome wie Juckreiz, Zungenbrennen, Geschmacksveränderungen, Mundgeruch, Appetitmangel oder Übelkeit auf und schränken die Lebensqualität ein, ist ein Arzt aufzusuchen. Er klärt unter anderem ab, ob die Beschwerden mit anderen Erkrankungen einhergehen, wie etwa einer Pilzinfektion. In diesem Falle werden Antimykotika verschrieben. Gegen die Schwarze Haarzunge an sich wirkt zum Beispiel die örtliche Anwendung von Salicylsäure, Trichloressigsäure oder Harnstoff.

Selbst wenn die Schwarze Haarzunge keine gravierenden Symptome mit sich bringt, kann sie doch ästhetisch erheblich stören. Die Grundlage für eine effektive Vorbeugung und Behandlung legt eine gute Mundhygiene, insbesondere auch mit einem Zungenschaber. Damit lässt sich die Entfernung verfärbter Beläge wirkungsvoll unterstützen. Was auch hilft, ist eine an Obst, Rohkost und festem Brot reiche Nahrung – und alles gut kauen!

Ebenfalls harmlos ist die sogenannte Landkartenzunge: ungleichmäßige rote Flecken, umgeben von weißen Linien. Das sieht aus wie eine Landkarte, und die roten Areale können durch sehr scharfe oder saure Speisen wund werden. Eine Behandlung ist aber nicht notwendig.

Die Zunge kann viele unterschiedliche Färbungen annehmen, wobei zu ihrer Interpretation zusätzliche Informationen heranzuziehen sind.

Die Zunge kann viele unterschiedliche Färbungen annehmen, wobei zu ihrer Interpretation zusätzliche Informationen heranzuziehen sind.

Die natürlicherweise rosarote Zunge kann darüber hinaus sehr verschiedene andere Farben annehmen. Oft ist es ganz harmlos: Eine zeitweilige Blaufärbung durch Waldbeeren oder Rotwein ist zum Beispiel ganz normal. Eine über das normale Maß hinaus gerötete und dabei wunde Zunge kann auf eine Pilzinfektion hinweisen, eine dauerhaft rote „Erdbeerzunge“ auf Scharlach oder das Kawasaki-Syndrom, eine Entzündung der Blutgefäße.

Nach gelb kann sich eine Zunge infolge von Rauchen verfärben. Es kann sich aber in seltenen Fällen auch um einen Hinweis auf eine Leber- oder Gallenerkrankung handeln oder um eine Vorstufe der Schwarzen Haarzunge. In diesem Falle kann im nächsten Schritt eine Grün-/Braun-Verfärbung auftreten.

Eine blauviolette Farbe kann die Zunge bei schwerer Lungen- oder Herzkrankheit annehmen. Ursache dafür ist dann ein Mangel an Sauerstoff. Die in den Tagesnachrichten ab und an auftauchende Blauzungenkrankheit betrifft allerdings nur Wiederkäuer, ist bei diesen anzeigepflichtig und beim Wisent sogar tödlich. Dem Menschen kann sie jedoch nichts anhaben.

8. Häusliche Mundhygiene gegen Zahnfleischentzündungen & Co.

So vielfältig die Munderkrankungen, so ähnlich sind sich doch die prophylaktischen Maßnahmen der häuslichen Mundhygiene. Mit den typischen Hilfsmitteln sind die meisten vertraut, und genauso wissen die meisten, wo es üblicherweise noch hapert.

Die häusliche Mundhygiene beugt mit ähnlichen Mitteln vielen Erkrankungen vor – Interdentalbürsten und Zungenschaber inklusive.

Die häusliche Mundhygiene beugt mit ähnlichen Mitteln vielen Erkrankungen vor – Interdentalbürsten und Zungenschaber inklusive.

Einen dieser Schwachpunkte stellt die Reinigung der Zahnzwischenräume dar. Denn so mancher quält sich mit Zahnseide herum. Sie kann ein sehr effektives Hilfsmittel sein, aber nicht, wenn die eigene Geschicklichkeit bei der Handhabung einfach nicht reicht. Gründe dafür gibt es viele, vor allem jedoch gibt es eine Alternative – damit zum entscheidenden Tipp: Interdentalbürsten verwenden!

Eine andere Maßnahme, die sich noch nicht bis zu jedem herumgesprochen hat, ist die Zungenhygiene. Mit Hilfe eines Zungenschabers lassen sich die Zungenbeläge entfernen. In ihnen „wohnen“ immerhin etwa 80 Prozent der Mundbakterien. Ihre Entfernung kann die Anzahl der potenziell pathogenen Mikroorganismen in der Mundhöhle senken und auf diese Weise insbesondere allen entzündlichen Erkrankungen wie Zahnfleischentzündungen entgegenwirken. Auch Verfärbungen und Mundgeruch können damit entscheidend vermindert werden.

Ein kleiner Tipp zum Schluss: Wer viel auf Reisen ist oder den Platz auf dem Bord vor dem Badezimmerspiegel besser nutzen möchte, dem bietet sich die Verwendung von Konzentraten an. Beispielsweise braucht man sich Zahnpasten mit konzentriertem Wirkstoff nicht so viele Tuben auf Lager zu halten. Und statt einer voluminösen Flasche Mundspülung passen fünfzehn Milliliter Mundwasser-Konzentrat in jede Reisetasche hinein.

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