Parodontose oder Parodontitis? Was ist der Unterschied?

Wenn es um Probleme mit dem Zahnfleisch und insbesondere um Zahnfleischbluten geht, so denken viele Menschen an den Begriff „Parodontose“. Aber ist diese Bezeichnung überhaupt korrekt? Schließlich gibt es zudem ja die ganz ähnlich klingende Parodontitis – oder etwa nicht? Wir erklären, warum man sich nur einen der beiden Namen merken muss und weshalb es sich lohnt, über die Ursachen, Symptome und Hintergründe Bescheid zu wissen.

Wer nur nach einer schnellen Antwort auf seine drängende Frage sucht, dem möchten wir an dieser Stelle einen Gefallen tun und die entscheidende Information ganz nach vorne stellen: Es heißt Parodontitis!

Jetzt, wo das geklärt ist, könnte man natürlich einfach aufhören zu lesen und bei nächster Gelegenheit mit dem neu erworbenen Wissen punkten. Doch dann würde man gar nicht erfahren, warum selbst in der TV-Werbung jahrelang ein „falscher“ Begriff für die Parodontitis verwendet wurde. Man würde außerdem nicht verstehen, wieso der richtige Name, nämlich Parodontitis, dafür verantwortlich ist, dass unsere Mundgesundheit eng mit allgemeingesundheitlichen Phänomenen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und sogar Demenz in Verbindung steht. Wer also nicht nur „Besserwisser“ sein will, sondern die Zusammenhänge richtig einordnen möchte, der liest jetzt weiter und lernt womöglich etwas, was seinen Blick auf die Mundpflege völlig verändert.

Was ist überhaupt das Parodont?

Zunächst ist es notwendig, sich die Worte „Parodontitis“ und „Parodontose“ einmal genauer anzusehen. Klar, es fällt sofort auf, dass sie abgesehen von der Endung identisch sind. Beide tragen den Begriff „Parodont“ in sich, der Fachbegriff für den sogenannten Zahnhalteapparat. Damit sind – vereinfacht gesagt – alle Strukturen gemeint, die unsere Zähne an ihrem Platz halten. Unter anderem zählen dazu Knochen, Zahnfleisch und Wurzelhaut. Kommt es zum Rückgang dieser zahntragenden Gewebe, so können sich mit der Zeit immer tiefere Zahnfleischtaschen bilden und sich die Zähne lockern. Am Ende dieses Prozesses steht dann womöglich der Zahnverlust. Der erste Teil des Namens beschreibt also einfach den betroffenen Bereich, das Parodont.

Der Zahnhalteapparat heißt Parodont. Ist er entzündet, ist es eine Parodontitis.

Mit dem Begriff Parodont ist der Zahnhalteapparat gemeint. Er umfasst zum Beispiel Knochen, Zahnfleisch und Wurzelhaut.

Woran liegt’s? Die Endung macht den Unterschied!

Aus zahnmedizinischer Sicht ist für die Benennung der Erkrankung zusätzlich entscheidend, auf welche Ursache sie zurückgeht. Und an diesem Punkt kommen nun die unterschiedlichen Endungen ins Spiel: einmal „-itis“ und einmal „-ose“. Genau wie bei anderen Krankheiten lässt sich anhand dieser verschiedenen Endungen auch hier der Charakter der Erkrankung ablesen. Bei der Endung „-itis“ handelt es sich um eine Entzündung, während die Endung „-ose“ einen Verschleiß beschreibt. Diese Unterscheidung kennt man beispielsweise auch aus dem Bereich der Gelenkbeschwerden. Während es sich bei der Arthrose um den Gelenkverschleiß handelt, also die mechanische Abnutzung des Gelenkknorpels, ist mit der Arthritis die Gelenkentzündung gemeint.

Folgenreiche Falschannahme

Da man früher zunächst fälschlicherweise annahm, dass es sich beim Abbau von Zahnfleisch, Kieferknochen & Co. um eine altersbedingte Verschleißerscheinung handelte, gab man der Erkrankung den Namen „Parodontose“. Unter diesem Schlagwort und gerne in Verbindung mit dem Symptom Zahnfleischbluten wurde der oralen Erkrankung vor allem in Werbespots im Fernsehen größere Aufmerksamkeit zuteil. Auf diese Weise erreichte diese falsche Bezeichnung breite Bevölkerungsschichten und hinterließ einen bleibenden Eindruck. Mitunter verwenden selbst Zahnärzte oder andere Mitglieder des Praxisteams noch heute den Begriff „Parodontose“, obwohl sie wissen, dass er nicht korrekt ist – schlicht, weil ihre Patienten ihn so verinnerlicht haben.

Den Begriff Parodontose kennen viele Menschen aus der TV-Werbung. Richtig ist aber Parodontitis.

Nicht zuletzt durch Werbespots im TV gelangte der falsche Name Parodontose zu Berühmtheit. Heute ist klar: Es muss Parodontitis heißen.

Neuer Name durch besseres Verständnis

In den vergangenen Jahrzehnten und mit wachsendem Wissen über die Abläufe im Mundraum wandelte sich das Verständnis der Erkrankung. Es wurde klar: Wir haben es hier mit einer Entzündungserkrankung zu tun, ausgelöst durch Bakterien in den Zahnbelägen. Auf Grundlage dieser Erkenntnis erschien auch der Name „Parodontose“ nicht mehr angebracht. In Fachkreisen wird daher heute nur noch der Begriff „Parodontitis“ verwendet, wenngleich ihm manchmal noch der Zusatz „umgangssprachlich auch Parodontose genannt“ zur Seite gestellt wird. Denn obwohl selbst Leitmedien wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung bereits vor über 20 Jahren die Aussage „Es gibt keine Parodontose“ zur Überschrift machten, ist der falsche Name noch immer nicht ganz von der Bildfläche verschwunden.

Besseres Verständnis durch neuen Namen

Tatsächlich kann aber die neue Bezeichnung „Parodontitis“ wesentlich zum besseren Verständnis der Erkrankung beitragen. Schließlich signalisiert sie aufgrund ihrer Endung sofort, dass es sich um eine Entzündung handelt. Und wer diesen Aspekt verinnerlicht hat, dem leuchtet auch ein, warum eine Parodontitis so weitreichende Folgen für den Rest unseres Körpers haben kann. Denn Bakterien und Entzündungsstoffe können über die Mundhöhle in den Blutkreislauf gelangen und so ebenfalls an anderer Stelle Schäden anrichten.

Vorsicht Wechselwirkungen

Zu den bekannteren Wechselwirkungen zwischen Mund- und Allgemeingesundheit gehört die von Parodontitis und Diabetes. So ist bei Diabetikern etwa das Risiko höher, an Parodontitis zu erkranken. Umgekehrt kann die Entzündung im Mundraum die Einstellung des Blutzuckers bei Diabetikern erschweren. Ebenfalls nachgewiesen ist der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Grund ist folgender: Die durch die Erkrankung freigesetzten Entzündungsprodukte und Bakterien können zur Arterienverkalkung beitragen und auf diese Weise einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall wahrscheinlicher machen.

Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit sind bekannt. Ein Beispiel: Parodontitis und Diabetes.

Mundgesundheit und Allgemeingesundheit hängen zusammen. Bei der Parodontitis zeigt sich das besonders deutlich.

Vergesslichkeit durch schlechte Mundhygiene?

Mit Blick auf die Corona-Pandemie konnte zudem gezeigt werden, dass Corona-Patienten mit Parodontitis fast 9-mal häufiger verstarben als Patienten ohne Zahnfleischerkrankungen. Darüber hinaus stellen Studien in letzter Zeit vermehrt eine Verbindung zwischen Parodontitis und Demenz her. Forschungsergebnisse wie diese zeigen: Eine Parodontitis kann negative Folgen über den Mund hinaus mit sich bringen und Gesundheit sowie Lebensqualität in verschiedenster Weise bedrohen.

Vor diesem Hintergrund erscheint es äußerst sinnvoll, der Entstehung einer Parodontitis möglichst effektiv entgegenzuwirken. Wenngleich auch die Forschung die Ursachen dieser Erkrankung noch nicht bis ins allerletzte Detail erklären kann, so herrscht bei einem zentralen Punkt Einigkeit: Die Entfernung von Zahnbelägen, dem sogenannten Biofilm, im Rahmen der häuslichen oder professionellen Mundpflege ist ein wesentlicher Baustein der Parodontitis-Prophylaxe.

Prophylaxe & Behandlung

Wer also seine Chancen im Kampf gegen den Rückgang von Zahnfleisch & Co. sowie den damit verbundenen Wechselwirkungen erhöhen möchte, der kann selbst aktiv werden. So kann das regelmäßige Zähneputzen oder die Verwendung von Mundwasser dazu beitragen, die Zahl der schädlichen Bakterien im Mund zu reduzieren. Zusätzlich kann die gezielte Reinigung der Zahnzwischenräume mit Interdentalbürsten und ähnlichen Hilfsmitteln die Reduktion von potenziell gefährlichem Biofilm unterstützen. Ebenso stellen regelmäßige Besuche in der Zahnarztpraxis und die professionelle Entfernung von Zahnbelägen einen Pfeiler der Parodontitis-Prophylaxe dar.

Hat sich die Erkrankung im Mund bereits breitgemacht, ist die gewissenhafte Wahrnehmung der Zahnarzt-Termine erst recht unabdingbar. Denn wer einmal ein Parodontitis-Patient ist, der bleibt es ein Leben lang! Das zahnärztliche Team kann – in Kombination mit konsequenter häuslicher Mundpflege – aber dabei helfen, die Erkrankung und ihr Voranschreiten in Schach zu halten.

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